Sabine zögerte, obwohl sie
sich eingestehen mußte, daß da schon etwas wahres dran war. Sie nahm das
Glas entgegen und nippte ein wenig.
"Nicht so zaghaft. Runter damit", forderte die Frau, hielt zwei
Finger unter das Glas und hob es an. Schluck für Schluck rann der Whiskey
Sabines Kehle hinunter. Da mußte sie plötzlich absetzen und mächtig
husten. Die Frau schlug sanft auf Sabines Rücken.
"Ja, genau. Huste die Männer hinaus. Geht es dir jetzt besser?"
Durch das Husten schossen einige Tränen in Sabines Augen. Sie wischte sie
schnell weg, hustete noch einmal nach und nickte dann der Frau lächelnd
zu. "Ja, danke." "Prima. Tanzen wir ein wenig?"
Diese Frage kam ganz überraschend. Sabine sah die Frau verwundert an, als
ob sie ihr einen Mord gestanden hätte. "Tanzen? Wir?"
"Klar, sieh dich doch mal um!"
Sabine drehte sich um. In der Mitte des Lokals war tatsächlich so etwas
wie eine Tanzfläche. Auf ihr tanzten, oder besser standen eng aneinander
geschmiegt, zwei Paare. Es waren jeweils zwei Frauen.
"Aber ...", meinte Sabine und sah sich weiter im Lokal um und
entdeckte ausschließlich Frauen. Sie erblickte keinen einzigen Mann.
"Richtig, du bist hier in besten Händen. Das hast du doch gewußt,
oder?" Sabine erkannte erst jetzt, daß sie in ihrem Frust in einer
Lesbenbar gelandet war. In einer Ecke saßen zwei Frauen, die heftig
miteinander schmusten. An anderen Tischen plauderten sie oder sahen sich
nur tief in die Augen.
Sabine kam sich plötzlich ganz seltsam vor. Und das lag nicht nur am
genossenen Whiskey, der aber jetzt ebenfalls mächtig zuschlug. "Was
ist nun? Tanzen wir?" hakte die Frau nach, stand von ihrem Hocker auf
und legte eine Hand an Sabines Hüfte.
"Warum nicht", meinte Sabine und sprang von ihrem Sitz. Sie kam
sich dabei zwar lächerlich vor, aber es würde auch nichts schaden. Es
brachte sie vielleicht auf etwas andere Gedanken. Sie ließ sich von der
Frau auf die Bühne führen. Doch so eng wie die anderen wollte sie nun
doch nicht mit der Unbekannten tanzen. Sie hielt ein wenig Abstand, während
sie sich im Rhythmus hin- und herbewegte. Die Frau drängte Sabine nicht.
Doch sie ließ sie aber auch keine Sekunde aus den Augen. Sabine bemerkte
das und ahnte, was die Frau von ihr wollte. Sie fühlte sich
geschmeichelt, wußte aber nicht, was sie tun sollte. Die Frau war ihr
nicht unsympathisch. Aber sie war auch nicht lesbisch.
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